Tag 28 bis 36

Das Feeling kommt · Wüste · Lebensmittelvergiftung


Auf der Dachterrasse wird der Abend in geselliger Runde verbracht und neue Reisepläne werden ausgetauscht. Pläne wo ich überlege, ob ich mich diesen anschließe. Es ist ein verrückter Plan und doch irgendwie interessant. Total krass und doch ein Abenteuer.

Es geht um eine Zugfahrt. Keine die wie wir sie kennen. Keine wofür man ein Ticket benötigt. Keine wo man in einem Sitzabteil sitzt oder überhaupt in einem überdachten Bereich. Es geht um eine Zugreise mit einem Güterwaggon, legal und doch umstritten. Es ist eine Strecke über 22 Stunden, auf einem Waggon von einem Zug der zwischendurch nicht anhält. Er fährt nicht mal mehr in Marokko, sondern in Mauretanien. Ein Land unter Marokko.

Ich bin am überlegen ob ich dieses Abenteuer mitmachen soll, denn ich habe mir gesagt, sage niemals nie - abgesehen von anzüglichen Sachen und Sachen die man halt nicht machen sollte - diese Zugfahrt ist zwar crazy aber auch ein Abenteuer. Vier Tage habe ich zum überlegen, am Ende entscheide ich mich dagegen. Und ja ein bisschen Wehmut ist dabei. Aber ich entscheide mich dafür nach Marrakech weiter zu fahren und von dort in die Wüste zu fahren. Auch ein Abenteuer und doch mit Sicherheit, da es eine geführte Tour ist.

So verbringe ich die Tage am Strand, treffe mich mit bekannten in der Medina und gehen zusammen essen, um uns dann zufällig am nächsten Tag wieder zu treffen und einen Tee zusammen zu trinken. Die Kontakte tuen gut, fühle ich mich doch umgeben von so vielen Menschen in den Hostels alleine.

Die Nachmittage verbringe ich damit in der Medina herumzuschlendern und endlich, endlich kommt dieses 1001-Nacht Feeling auf. Die Straßen sind voll mit kleinen Ständen, da wo Platz ist steht ein Karren mit Obst oder Gemüse. An jeder Ecke wird um Kunden und den letzten Preis gefeilscht. Es ist nicht aufdringlich und wenn, dann gehe ich weiter. Ich unterhalte mich mit Händlern, die es geschafft haben mich zu überrumpeln und komme doch noch ohne etwas gekauft zu haben davon.

Nach Sonnenuntergang gehen wir mit einer Truppe aus dem Hostel zurück in die Medina zum Essen. Bei Nacht ist es noch schöner, wie die alte Stadtmauer mit warmen Licht angestrahlt wird, der dunkel blaue Himmel über uns und die orientalischen Gebäude um uns herum. Dazu der Trubel der Einheimischen und Touristen, es wirkt modern und doch hat es etwas des romantischen was man aus Filmen kennt.

Die Sonnenuntergänge verbringe ich an meinem neuen Lieblingsort in Essaouira, direkt an der Küste, während die Sonne hinter zwei kleinen Inseln verschwindet. Der Himmel orange und lila gefärbt, die Schatten der Fischer in schwarz vor dem Kreis der Sonne. Ein Traum.

Am nächsten Tag reise ich weiter. In die Hauptstadt. Nach Marrakech. Ich habe viel gehört von den anderen reisenden und sollte mir nicht zu viele Vorstellungen machen, so schön ist es nicht, viel zu viel los und viel zu touristisch. Ich kann es bestätien, nach nur einem Tag. Nicht mal einen ganzen Tag nur einen halben. Aber doch habe ich es genossen.

Ich reise mit dem Taxi in die Nähe der Medina, denn dort liegt mein Hostel. Problem dabei Autos dürfen nicht in die Medina, dafür ist kein Platz. Also steige ich mit Rucksack aus und laufe vollgepackt durch die kleinen Gassen, mein Handy in der Hand, denn ohne GPS würde ich das Hostel nie im Leben finden. Ich tue es kaum schon mit GPS.

Dank Maps und Einheimischen finde ich das Hostel und begebe mich nach kurzer Pause in den Trubel zurück. Vorbei an den Ständen, dankend Nein sagend zu den Verkäufern. Von Gasse zu Gasse, zurück auf den Platz, der nicht überdacht ist und dann verlaufe ich mich. Aber das gehört zu dem Erlebnis dazu, es ist vorprogrammiert. Irgendwann entscheide ich mich dazu auf dem großen Platz etwas zu essen. Wieder eine Tejine. Leider nicht so gut, wie andere die ich schon gegessen habe. Etwas enttäuscht davon betrachte ich den Trubel des riesigen Marktes um mich herum.

Sehe den Geschichtenerzählern zu obwohl ich kein Wort von dem was sie sagen verstehe. Laufe Kopfschüttelnd an den Gauklern vorbei, die mit verkleideten Affen die Touristen anlocken. Angekettet und verkleidet, das ist für mich ein NoGo. Tierrechte gehen vor und das manche Touristen das so toll finden verstehe ich nicht. Genauso die Klapperschlangen-Beschwörer. Nicht nur das ich schiss habe auf eine der Schlangen zu treten, die offen auf dem Boden schlängeln, sondern auch weil ich es nicht gut heiße aus so etwas Profit zu schlagen. Auch wenn ich weiß, dass es kaum andere Möglichkeiten für diese Menschen gibt.

Beim Kauf einer Sonnenbrille, versuche ich zu handeln und schaffe es etwas. Wenn ich in meinem Kopf nicht die Zahlen vertauscht hätte. Das wechseln zwischen Französisch, Deutsch und Englisch ist verwirrend. Anstatt 200 MAD zahle ich 160 MAD. Viel zu viel für eine gefakte Ray-Ban-Sonnenbrille. Aber egal. Mein Fehler.

Dann gehe ich zurück durch die engen Gassen und muss lachen. Es läuft immer noch der AfricaCup und Fußball ist wohl in jedem Land mit das wichtigste. Anstatt das die Händler auf einen zukommen und mich in den Laden bitten, sitzen sie mit Handy in der Hand und gucken Fußball, die die keines haben, stehen bei den anderen und gucken dazu. Die Touristen? Egal.

Die eine Nacht im Hostel wird früh beendet. Um sechs wird aufgestanden, denn um sieben geht es los zum drei tägigen Ausflug in die Wüste. Es ist dunkel und kalt und so still. Ich grusle mich, denn anstatt die Gassen voll beladen zu sehen, ist nichts zu sehen. Geschlossene Tore, kein Mensch und nichts von dem Charme des Marktes.

Vor dem Treffpunkt, das Café France, stehen Unmengen von Touristen, wollen die alle in die Wüste? Worauf habe ich mich da nur eingelassen? Ich warte wie die anderen und dann kommt ein Kleinbus nach dem anderen. Alle von unterschiedlichen Touren, ich weiß nicht wohin ich gehen muss, frage mich durch, bis ich meinem Namen höre. Endlich finde ich den richtigen Bus und steige ein.

Im dunkeln fahren wir die anderen Standorte ab und ich sehe zu wie Marrakech langsam erwacht. Die ersten Gebetsrufe sind zu hören und die Straßen werden voller. Dann staune ich nicht schlecht, als wir durch das Atlas-Gebirge fahren und sehen wie die Sonne hinter den Bergen aufgeht. Es ist immer wieder magisch.

Die Tour ist touristisch, es stört mich einbisschen aber dafür habe ich Glück mit der Gruppe und finde schnell neue Kontakte. Wir fahren zum Hollywood von Marokko. Eines der ältesten, wenn nicht sogar das erste, Berberdorf in Marokko. Es gibt weder fließend Wasser noch Strom. Die Brücke zum Dorf erst wenige Jahre alt und eigentlich nur für die Touristen gebaut. Die Einheimischen nutzen den Weg über die Steine - wenn der Fluss nicht zu viel Wasser hat, ansonsten ist man eingesperrt.

Wir müssen mit einem Guide mitgehen, gehört zur Tour. Anstatt mich zu beschweren, sage ich zu mir, dass ich es genießen möchte und mit einem Guide bekommt man halt viel mehr Informationen. Am Ende bin ich froh über den Guide. Ich hätte sonst nichts wirklich von dem erfahren, was ich erfahren habe.

Vom Berg aus kann man den neuen Drehort für einen neuen Film erkennen. Das Dorf wird für viele Filme genutzt, darunter Gladiator, Game of Thrones und andere historische Filme. Dabei werden die Einheimischen oftmals als Statisten genutzt und die Häuser von ihnen dienen der Film-Crew. Anstatt genervt davon zu sein, sind sie richtig stolz darauf und unser Guide zeigt mit breiter Brust, das Bild wo er als Statist im Film Gladiator zu sehen ist.

Das Mittagessen möchte ich eigentlich nicht, denn es gibt am Abend noch Essen. Hätte ich mal auf mein Gefühl gehört... Ich lasse mich dazu breitschlagen etwas zu essen. Danach geht es weiter. Fotostopps über Fotostopps geht es in das Hotel. Zwei der Jungs aus der Gruppe beschließen in den Pool zu springen. Er ist eiskalt. Während der eine seine Runden schwimmt, als wären es angenehme 20 Grad, schreit der andere wie ein erwachsener Mann und kommt nach nicht mal einer Minute wieder heraus. Amüsant anzusehen, sogar die Angestellten im Hotel müssen sich das Lachen verkneifen.

Mein Magen ist noch voll vom Mittagessen, weshalb ich nicht so viel zu Abendesse. Wahrscheinlich ganz gut, denn das Mittagessen bekommt mir überhaupt nicht gut, genauso wenig wie einer anderen aus der Gruppe, die genau das gleiche gegessen hat. Beide kämpfen wir mit Bauchkrämpfen, Durchfall und Übelkeit. Und das ausgerechnet an dem Tag, wo wir in die Wüste fahren.

Nur dank der anderen überstehe ich den Tag. Meine Medizin ist im großen Rucksack im Hostel, ich konnte ja nicht ahnen, dass ich mir den Magen verderben werde. Ich leihe mir von einem nach den anderen Schmerztabletten und Medizin gegen den Durchfall aus. Lasse Frühstück, Mittagessen und andere Snacks aus. Es ist echt übel und dann geht es mit Dromedaren in die Wüste.

Ich habe Respekt und ja, auch etwas schiss. Vertrage ich das Schaukeln der Dromedare, mit so einem Magen? Ich tue es. Das reiten macht Spaß und der Ausblick? Einfach genial. Ich habe schon vorher auf den Kanarischen Inseln Sanddünen gesehen aber das ist nichts zu dem Vergleich von jetzt. Es ist wie im Film, feiner brauner Sand der bis zu 200 Meter in die Höhe ragt.

Wir machen eine Pause und fangen an zu Sandboarden, wobei ich das auslasse, mein Magen hat nicht mal wirklich den kleinen Aufstieg zur Düne vertragen, dann will ich nicht erst von ganz unten wieder nach oben laufen. Neidisch gucke ich den anderen dabei zu, vielleicht komme ich irgendwann nochmal dazu. Dann setzen wir uns und gucken dem Sonnenuntergang an. Der leider nicht ganz so großartig ausfällt, weil es bewölkt ist. Im Dunkeln kommen wir im Camp an.

Ich bin überrascht wie gut das Camp ausgebaut ist. Ich habe das Standard-Camp gebucht und nicht viel erwartet. Nicht mal ein Einzelzimmer - oder besser gesagt ein Einzelzelt. Aber hier gibt es fließendes warmes Wasser, saubere Toiletten und gute Betten. Es ist besser als das vier Sterne Hotel am Tag zuvor.

Mein Magen verträgt die Suppe ganz gut und etwas Brot dazu. Nach dem Essen gibt es ein großes Lagerfeuer und eine Show der Berber. Sie spielen uns ihre traditionellen Lieder auf der Trommel vor und auch moderne Lieder, dabei tanzen wir um das Feuer herum und genießen den Abend mit unserem Tour-Guide der uns die traditionelle Art zeigt den Abend zu verbringen. Dabei wird eine Flasche Wein geteilt, aber anstatt das jeder ein Glas bekommt, gibt es nur ein einziges kleines Glas. Jeder trinkt nacheinander.


Es wird wieder früh aufgestanden, denn wir wollen den Sonnenaufgang bei der Rückfahrt sehen. Ich entscheide mich dazu die Quadtour extra zu buchen und nicht wieder mit den Dromedar zu reiten. Denn ich habe mir ja gesagt - sage niemals nie. Fahren tue ich nicht selbst, ich teile mir das Quad mit einer aus meiner Gruppe. So ist es günstiger.

Im vollen Van - wir müssen uns zu viert die Rückbank teilen - werden wir zum Luxus Camp gebracht, hier stehen die Quads. Eine Einweisung gibt es und dann sehen wir die Sonne aufgehen. Hinter einem Baum und das obwohl wir nicht mal losgefahren sind. Schuld vier aus der Gruppe, die zu spät sind. Niedergeschlagen über den verpassten Ausblick fahren wir endlich los. Es macht Spaß und wir sehen so viel mehr von der Wüste, als mit den Dromedaren.

Die Rückfahrt ist für mich die Hölle, neun Stunden sitzen wir im Bus, nur wenige Toiletten-Stopps und einem zum Mittagessen. Mein Magen geht es nicht gut und ich schnorre mir wieder Medikamente ab. Das Mittagessen lasse ich bleiben. Dann fängt es auch noch an zu Regnen und ich muss im Dunkeln dadurch zum Hostel. Dank des Regens, sind die meisten Stände schon abgebaut und ich kann in Ruhe durch die Straßen laufen. Plitsch nass komme ich im Hostel an und gönne mir erst einmal eine warme Dusche. Zum Abendessen gibt es einen Snickers und dann wird geschlafen. Dank sei den Medikamenten.

Ich habe den Ausflug trotzdem genossen, es hat Spaß gemacht, die Bilder die ich gesehen habe und die klaren Sterne, waren es Wert und ich weiß - auch wenn ich es nicht gerne haben möchte - es wird nicht meine letzte Lebensmittelvergiftung sein. Ich werde mir von so etwas nicht meine Reise kaputt machen lassen. Auf viele neue Eindrücke und Erlebnisse.