Das Ende hat ein Ende

Was jetzt? · Es geht weiter · Planung


306 Tage war ich unterwegs, nach drei Tagen Heimreise endlich zu Hause. Dieses Mal keine Überraschung – jeder wusste von meiner Heimkehr.

Es ist Ende November, bald schon Dezember. Ein großer Kontrast zur Hitze auf den Philippinen, aber das kenne ich ja schon von meinen unfreiwilligen, längeren Stopps in Südkorea, Paris und am Düsseldorfer Hauptbahnhof. Wenigstens kann ich durch die langen Hosen meine Wunde verstecken. Und zum Aufwärmen gibt’s immerhin heiße Schokolade mit Amaretto – denn warum ausruhen, wenn man mit der Familie zum Verein gehen und auf dem Weihnachtsmarkt mit seinen Reisestorys angeben kann?

Dann kommen die Tage im Dezember. Ein Geburtstag nach dem anderen. Drei innerhalb von zwei Wochen – und der ganz große von meinem Vater dazu. Von vornherein war klar, dass ich diesen Monat zu Hause verbringen werde. Geburtstage und Weihnachten mit der Familie.

Ich erzähle meine Storys, so oft, dass ich kurz davor bin, sie auf Band aufzunehmen und der nächsten Person einfach vorzuspielen. Und doch macht es Spaß, darüber zu reden – denn was ist so eine Reise schon wert, wenn man nicht davon erzählen kann?

Aber dann kommt die Frage, die ich nicht beantworten kann:

Was jetzt?

Ja, das ist es. Was jetzt?

Immerhin habe ich von Anfang an gesagt, dass ich nur dieses eine Jahr mache – von Januar bis November. Nur... ist das immer noch so? Will ich wirklich schon wieder zurück in die Arbeit? Dieses Leben, das ich gerade führe, so schnell wieder aufgeben?

Ich finde keine Antwort. Lasse es erst einmal unbeantwortet. Und so vergehen die Tage und Wochen. Knapp zwei Monate sind um – und ich merke meine Unruhe. Verdammt, ich bin gelangweilt zu Hause, kann mir aber auch nicht vorstellen, wieder in diesen Rhythmus von Arbeit zurückzukehren. Nicht, wenn das letzte Abenteuer noch so frisch ist.

So kommt es, dass ich am Laptop sitze und recherchiere. Anderen auf Instagram dabei zusehe, wie sie das Abenteuer weiterleben. Ich will nicht sagen, dass ich neidisch bin, aber ich trauere dem Ganzen ein bisschen nach.

Und irgendwie ist da wieder dieser Drang. Der, der dazu geführt hat, diese Reise überhaupt anzutreten.

Am Ende kommt es, wie es kommen musste:

Ich öffne die Webseite der Reisegruppen-Agentur, mit der ich schon eine Reise gemacht habe.

Es ist doch ein guter Kompromiss, oder? Ich reise mit einer Gruppe, muss nicht wieder alles selbst planen – was mich am Ende eh etwas genervt hat. Aber es ist verdammt teuer. Und doch kann ich dem Drang nicht weiter standhalten.

Ich finde eine kurze Reise. Ein Land, das nie auf meiner Liste stand. So wirklich überhaupt nicht. Nur… ist da so eine Idee. Eine Vorstellung in mir: Alle Weltwunder, die noch möglich sind, zu sehen, zu besuchen.

Dazu gehört nun mal auch das Taj Mahal.

Welches eben in Indien steht.

Die Idee ist da, der Drang kaum zu bändigen – und Geld? Ist auch noch nicht alle. Also: Verdammt, worauf warte ich noch?

Ich überlege Tage, öffne immer wieder diese Seite, schaue mir die Reiseroute an – und am Ende drücke ich auf „Buchen“.

Jepp, ich habe es wirklich gemacht. Eine Reise nach Indien gebucht. Und nach Nepal. Und der Plan geht weiter. Die ersten beiden Länder werden mit der Gruppen-Tour besichtigt. Danach geht es wieder alleine weiter. In ein Land, wo ich schon war – aber wo ich die eine Sache nicht gemacht habe, die ich machen wollte. Und weil ich das so sehr bereue, mache ich es einfach jetzt. Fertig, aus, Ende, Punkt.

„Zwei Monate, höchstens drei“, sage ich zu meinen Eltern.

Na ja… vielleicht auch mehr. Mal sehen.

Schulterzucken und weiter.

Die Reise ist gebucht. Jetzt kommt die ungeliebte Vorbereitung. Eine neue Regenjacke muss her. Außerdem eine Winterjacke – immerhin geht es nach Nepal. Das Land mit dem höchsten Berg der Welt. Da ist es im Winter nicht 30 Grad.

Reisepass und Impfungen sind noch gültig. Doch die Visa fehlen. Was vorher immer relativ einfach war – am Flughafen ein Visa on Arrival besorgen oder dank deutschem Pass gar keines benötigen – wird jetzt zu einem nervenaufreibenden Spektakel.

Ich habe kurzfristig gebucht. Drei Wochen vor Abreise. Stress kommt auf, denn das Visa-Verfahren für Indien ist übertrieben. Fünf Seiten Online-Formulare sind auszufüllen. Mit Fragen, deren Sinn sich mir nicht erschließt – warum muss Indien wissen, was meine Eltern beruflich machen? Warum stürzt die Seite ständig ab und ich darf alles dreimal ausfüllen?

Mein Gott, das ist echt nervig.

Am Ende funktioniert es dann doch – und ich habe eine Woche später das Visum im Posteingang.

Perfekt.

So kann die Reise ja starten.