Zurück im Jenseits · Zwischen Mumien · Blanke Nerven
Ich komme Abends in Kairo an, gut das ich vorher recherchiert habe und ein Visum vorher gekauft habe. Obwohl, ich hätte es besser am Flughafen kaufen sollen, das wäre günstiger gewesen und hey, die am Einreise-Schalter hat mein Visum nicht einmal beachtet. Warum habe ich mir dann überhaupt eines gekauft? Naja egal, ich bin halt deutsch und vorbereitet, nicht so wie die Kerle vor mir in der Schlange, die nicht einmal wissen, dass man ein Visum benötigt und man das nur in US-Dollar bezahlen kann. Tja, Pech für die, sie müssen zurück und zum Geldwechsel, wo eine verdammt lange Schlange wartet und dann nochmal wieder zurück zum Einreise-Schalter. Manchmal ist es hilfreich Informiert zu sein.
Ich kaufe mir schnell meine SIM-Karte, um auch hier Internet zu haben und dann gehe ich hinaus und erhalte das komplette Chaos. Dutzende von Menschen stehen am Ausgang und warten auf ihre liebsten oder so wie bei mir, auf die Person, die sie abholen sollen. Ich stehe da und versuche meinen Namen unter den dutzenden von Schildern zu finden. Irgendwann schaffe ich es, signalisiere dem Fahrer, dass ich die gesuchte Person bin und dann verliere ich ihn wieder in der Menge. Gott sei Dank findet er mich wieder und wir fahren quer durch Kairo zum Hostel.
Noch im Flugzeug habe ich Ausschau nach den Pyramiden gehalten, konnte sie leider aber nicht sehen. Genauso wenig wie aus dem Auto und dabei sollen sie doch so präsent sein? Schade aber dafür sehe ich mir die unfassbar riesigen Hotelketten an und genieße die Fahrt. Wobei genießen? Nicht wirklich. Ich dachte Marokko wäre Chaos pur im Verkehr aber Kairo? Nie im Leben habe ich es so erwartet.
Erschöpft von der Reise falle ich so gut wie tot in das Bett. Ich bekomme ein Einzelzimmer, weil das gebuchte Mehrbett-Zimmer noch ausgebaucht ist. Beschweren tue ich mich nicht und als der Besitzer erfährt, dass ich ein paar Tage vorher noch im Krankenhaus war, darf ich sogar im Einzelzimmer bleiben, was habe ich mal für ein Glück.
Morgens genieße ich das Frühstück auf der Terrasse und teile mir den Platz mit Tauben. Solange sie von meinem Platz fernbleiben habe ich kein Problem damit. Langsam mache ich mich auf den Weg und versinke in Straßenlärm, -schmutz und Verzweiflung. Großstädte sind halt wirklich nichts für mich und das es zwar Ampeln gibt, an denen sich aber keiner hält hilft mir auch nicht weiter. Immer wieder versuche ich über die Straße zu kommen aber immer wieder kommen neue Autos und nein, die halten nicht an oder sind freundlich genug, um mal etwas langsamer zu fahren.
Irgendwie schaffe ich es über die Straße, keine Ahnung wie aber ich bin auf der anderen Seite. Dann der größere Schock, am Kreisverkehr. Wie zur Hölle kann man hier Autofahren? Wie soll ich diese Straße überqueren? Wieso gibt es keine Ampeln? Meine Taktik, so lange warten bis ein Einheimischer kommt und dann schnell hinter ihm her laufen. So schaffe ich es endlich in die U-Bahn. Wo als erstes ein Sicherheits-Check auf einen wartet. Metalldetektor und Taschen-Scan. Okay, habe ich so noch nie gesehen aber ja, anderes Land andere Sitten.
Das Kleinstadtkind ist wieder verwirrt, wie funktioniert die U-Bahn. Dank vorheriger Recherche weiß ich, dass ich mir am besten eine wieder aufladbare Karte kaufen sollte, es ist einfacher, als immer wieder ein neues Ticket zu kaufen. Gut das der Automat auch Englisch kann und so schaffe ich es das Ticket zu kaufen. Mehr als hilfreich, die Stationen werden auch in Englisch ausgeschildert. Ich weiß also wohin ich muss, denke ich jedenfalls. Dank Google Maps weiß ich welche Linie ich nehmen und wo ich umsteigen muss, also folge ich den Schildern und komme am Bahnsteig an. Ich bleibe an einen leeren Platz stehen und sehe von weitem ein Schild "Ladies only", also nur für Frauen. Habe ich nicht gut genug recherchiert? Ist mir etwas entgangen und in Ägypten herrscht Geschlechter Trennung? Es scheint so, also gehe ich verlegen zum Schild und warte.
Ich denke ich bin außerhalb der Rush-Hour und das bin ich eigentlich auch. Dann frage ich mich nur, wie voll die Wagen sind, wenn es Rush-Hour ist. Nicht mal zu 9€-Ticket-Zeiten in Deutschland waren die Wagen so voll. Zudem gibt es hier nicht die Ordnung "erst aussteigen lassen, dann einsteigen", nein... hier heißt es "wer als erstes kommt, mahlt zu erst". Immer wieder werde ich hinausgedrängt anstatt in den Waggon einsteigen zu können und als ich es endlich schaffe, fühle ich mich trotz nur Frauen unwohl. Jede schaut mich an und ja, ich bemerke auch wie sie über mich reden. Eine Frau ohne Kopftuch, mit blonden Haaren und mehrere Zentimeter größer als der Durchschnitt, fällt halt auf. So gut es geht ignoriere ich das starren und blicke nett lächelnd einfach aus dem Fenster.
Beim Aussteigen werde ich mehr hinaus geschubst, als dass ich wirklich selbst gehe und dann fängt das rennen an. Jeder versucht so schnell wie möglich zu den Rolltreppen zu gelangen und ich bin mitten drinnen. Würde ich fallen, ich würde überrannt werden. Langsam schaffe ich es selbst zur Rolltreppe und schaffe es hinaus. Fern von der Großstadt Kairos lande ich in der Nebenstadt und sehe sofort den Unterschied. Hier ist es dreckig, es stinkt und damit meine ich nicht die Abgase vom Auto. Eingeschüchtert, weil ich die einzige Touristin bin, folge ich dem blauen Punkt auf meiner Landkarte und muss mir jede Minute in Gedanken klar machen, dass ich eine starke, selbstbewusste Frau bin und jedes Recht habe hier her zu laufen, egal wie sehr man angestarrt wird.
Als ich denke, dass ich mich verlaufen habe und mir die Karte den falschen Weg gezeigt hat, komme ich endlich an. Ich bin in der großen Marktstraße, mit den Museen und Moscheen angekommen. Automatisch kommt dieses 1001-Nacht Feeling auf. Alte Gebäude, bunte Tücher und goldene Lampen, lassen es so erscheinen, dass man in einer anderen Welt ist. Und dann... ja dann erlöscht alles, denn die Verkäufer schreien mir hinterher, versuchen mich zu ihnen zu locken und hören nicht auf, auch wenn ich dankend ablehne. Laufe ich an dem einen vorbei, fängt direkt der nächste an. So aufdringlich und nervig, besonders wenn man alleine als Frau da herläuft. Ich weiß wirklich nicht wie viele Heiratsanträge ich bekommen habe, wie viele mich als wunderschön betitelt haben (hey, das weiß ich selbst!) oder wie oft ich Nein sagen muss. Gott, bin ich genervt und anstatt den gesamten Markt zu erforschen, drehe ich mich am Ende der Hauptstraße um und verschwinde genervt wieder.
Am nächsten Tag schaffe ich es früh aufzustehen und mache etwas zum ersten Mal in meinem Leben. Ich nutze die App Uber. Also ein privates Taxi-Unternehmen, ohne Handeln und mit Komfort und Sicherheit. Früh am Morgen lasse ich mich durch das Chaos fahren und mache riesige Augen als ich ankomme. Ich sehe die Pyramiden. So riesig und beeindruckend. Zusammen mit der Gruppe und dem Guide wagen wir uns auf das Gelände und kommen den Riesen aus Stein näher. Der Guide, ein Archäologe und verdammt witziger Typ, erklärt alles und ich sauge alles gierig auf. Wir machen halt an einem Punkt und ich mache ein Foto davon, wie ich die Sphinx küsse - die übrigens ein Kerl ist. Immer wieder halten wir an und erhalten die Theorien über den Bau der Giganten und ich frage mich genauso wie jeder andere auch, wie kann es nur möglich sein, so etwas ohne moderne Technik zu bauen? Und wie kann es sein, dass wir immer noch nicht wissen wie? Den Rat vom Guide befolgend wage ich mich in keine der drei Pyramiden hinein. Dafür muss man extra zahlen und der Weg hinein ist beschwerlich und am Ende sieht man nichts. Dafür schlage ich mich über der Erde mit den Leuten herum und wimmle jeden ab, der mir eine Kamel-Tour anbietet. Am Ende bin ich wieder genervt und entschließe mich zu gehen.
Im Hotel lasse ich mich von den Angestellten beraten und sie bestellen mir typisches ägyptisches Essen. Koshary, mein absoluter Favorit, bestehend aus Nudeln, Tomatensauce mit Linsen und Kichererbsen als Topping. Am nächsten Tag versuche ich mich wieder im Kampf durch den Straßenverkehr und schaffe es zum Ägyptischen Museum in Kairo. Dort lasse ich mir Zeit und betrachte wirklich jedes einzelne Stück und das sind viele. Denn anstatt etwas in den Pyramiden zu lassen, hat man alles ausgeräumt und in das Museum verfrachtet. Nur leider nicht die Mumien, die liegen in einem anderen Museum, wie ich erst später erfahren habe. Dafür blicke ich der Goldmaske von Tutanchamun in die Augen und bin fasziniert, wie man so feine und detailreiche Verzierungen in so dünnes Gold machen kann und das vor tausenden von Jahren.
Meine Tage sind voll und so komme ich von einem Tag im Museum zum anderen und schaue mir wieder Pyramiden an. Nur dieses mal die älteren und weniger bekannten, als die von Gizeh. Ich fahre in einer privaten Tour nach Sakkara und dort steige ich auch das erste mal in eine Pyramide ein und bereue es sofort. Der Eingang ist nur wenige Zentimeter hoch, gerade stehen ist nicht möglich und so muss ich auf allen vieren dutzende von Metern hinab steigen, wobei ich nur im Kopf habe, dass ich diesen Weg auch wieder hinauf muss. Dabei sieht man im inneren nichts außer graue Wände und Fledermäuse. Ob es das Wert ist? Für mich nicht. Jedenfalls diese, denn die nächste ist es auf jeden Fall. Eine Pyramide, die von außen eher wie ein großer Sandhaufen aussieht, ist von innen wunderschön. Die Decke mit Sternen übersäht und die Wände von oben nach unten mit Hieroglyphen voll. Beeindruckend.
Am nächsten Tag erwartet mich der übelste Muskelkater, den ich bis jetzt erlebt habe und das nur wegen dem verdammten Abstieg in die Pyramide... Gut, dass ich den Tag erstmal im Bus verbringe. Ich fahre von Kairo nach oben in den Norden, nach Alexandria. Eine Stadt, die wie man sich denken kann, nach Alexander dem großen benannt ist, weil sie von ihm gegründet wurde. Für mich geht hier mein Herz auf, denn anstatt dass es von Ägyptischer Geschichte handelt, handelt es sich hier eher um die griechisch und römische Zeit. Ein Traum für mich. Genauso wie der Ausblick auf das Meer. Ich besuche die Bibliothek und stehe genau dort, wo die große Bibliothek von früher stand, bis sie Erdbeben zum Opfer gefallen und im Meer versunken ist. Mit einem Einheimischen erkunde ich die Stadt und erhalte Einblicke, die ich vielleicht gar nicht so gerne gesehen hätte. Darunter den lokalen Markt, wo man den größten Unterschied zu zu Hause sehen kann. Niemals wäre es in Deutschland erlaubt Fisch und andere Meerestiere ohne Kühlung auf einen einfachen Holztisch zu legen und so zu verkaufen. Genauso wenig würde es bei uns einen Kopf einer Kuh geben, der an einem Haken aufgehängt wurde und der ein Loch im Schädel hat, wo das Gehirn entnommen wurde, welches direkt darunter auf dem Tisch liegt. Manchmal verstehe ich schon, warum manche keine Tiere essen.
Verzweifeln tue ich auch in Alexandria, wenn es um den Verkehr geht. Besonders am Tag meiner Abreise, ich habe früh genug ein Taxi bestellt und doch dauert es über eine Stunde bis es ankommt, weil der Verkehr zum erliegen gekommen ist. Nichts bewegt sich mehr, weder vor noch zurück. Irgendwann sitze ich im Auto und schaue alle zehn Sekunden auf die Uhr. Um 16:30 fährt der Bus, es ist 16:20 und ich benötige 25 Minuten, bei normalen Verkehr. Shit, den Bus erwische ich wohl nicht mehr. Am Bahnhof angekommen sprinte ich in der Hoffnung, dass der Bus Verspätung hat los und steige erleichtert ein. Er hat Verspätung und ich schaffe es 10 Minuten später noch einzusteigen. Im dunkeln komme ich im neuen Hostel an und schließe sofort mit ein paar anderen reisenden Freundschaft. Sie bieten mir an mit ihnen etwas Essen zu holen, weil ich ungerne im Dunkeln alleine herumlaufen möchte, besonders nicht, wenn ich die Gegend nicht kenne. Dankend nehme ich an und bekomme gegen zehn Uhr abends etwas zu essen.
Ich verbringe ein paar Tage in Kairo und komme immer noch nicht mit dem Verkehr klar. Es ist einfach zu viel für mich und zu laut. Dafür genieße ich umso mehr die Ruhe in der Zitadelle und den Ausblick über Kairo, wo man am Ende sogar noch die Pyramiden sehen kann. Anstatt groß etwas zu machen sitze ich einfach da und genieße den Ausblick und die Ruhe.
Dann kommt das wovor ich mich am meisten gefürchtet habe. Ramadan, die Fastenzeit für Muslime und eine Zeit, wo weder gegessen noch getrunken werden darf, jedenfalls solange die Sonne noch nicht auf- beziehungsweise untergegangen ist. Ich merke es am Tag, viele Geschäfte sind geschlossen oder machen erst spät am Abend auf. Restaurants sind zu oder öffnen nur kurz vor Sonnenuntergang und selbst manche Kioske sind zu. Gott sein Dank sind Restaurant-Ketten oder manche Fast-Food-Ketten auf und bieten einen etwas zu essen. Aus Respekt nehme ich es aber immer mit zum Hostel und esse dort. Im großen und ganzen ist es nicht die große Einschränkung, wie ich es erwartet habe und ich bin froh, dass ich den Weg gewagt habe in die Länder, während Ramadan.
Zehn Stunden verbringe ich im Bus, fahre von Kairo nach Luxor, am Nil entlang und durch die Wüste. Neben Sand und kleinere Berge ist nichts zu sehen. Gut dass der Bus einen Fernseher hat und ich mir einen Film angucken kann. Angekommen, bin ich noch nicht mal aus dem Bus ausgestiegen und schon von Taxifahrern umgeben, jeder bettelt um mich und bietet mir die besten Preise. Die alle übertrieben sind, denn ich muss nur fünf Minuten laufen. Ich erkläre es ihnen mehrmals und doch lassen sie nicht locker, wollen mich für 5 Euro zum Hostel fahren. Irgendwann laufe ich einfach los und ignoriere sie. Wieder habe ich Glück und bekomme für eine Nacht ein Einzelzimmer. Da ich zu Müde bin mir noch etwas zu Essen zu suchen, esse ich die restlichen Donuts und erwarte einen Zuckerschock, von dem was ich über den Tag gegessen habe.
Man merkt, dass ich im Süden des Landes bin, war das Wetter in Kairo oder direkt am Meer noch erträglich ist es richtig heiß in Luxor. Ich schwitze mir den Hintern ab und erwarte den nächsten Sonnenbrand. Um der Hitze zu entkommen gehe ich in das Museum, welches mich aber leider nicht so überzeugt. Am Nil entlang wage ich mich zurück zum Hostel und bereue es. Nicht wegen der Hitze, sondern wegen der Männer. Keine fünf Meter kann man laufen ohne von irgendwem angesprochen zu werden. Erst ist der Taxifahrer der einen eine Fahrt anbietet, dann der Kutscher für eine Fahrt mit der Pferdekutsche und danach sind es die Leute, die mir eine Bootsfahrt auf dem Nil anbieten. Und anstatt, dass sie einen in Ruhe lassen, wenn man Nein sagt, laufen sie dir bis zu 10 Meter hinterher und lassen einen nicht in Ruhe. Einfach schrecklich...
Die Tour zum Tal der Könige ist eine Ablenkung vom ständigen Betteln und nebenbei sehe ich noch die Gräber von den bekanntesten Pharaonen der Geschichte. Nur leider muss man dafür auch echt viel Geld ausgeben, für die großen Gräber, wie für Tutanchamun muss man nochmal extra zahlen und mit dem normalen Ticket darf man sich nur drei der ganzen Gräber angucken. Wie soll man sich da entscheiden? Und das nur innerhalb zwei Stunden? Etwas mehr Zeit wäre schön gewesen und trotzdem habe ich es keine Sekunde bereut. Dafür sind die Malereien einfach zu beeindruckend und ich habe die Mumie von Tutanchamun gesehen. Kann nicht jeder für sich behaupten.
Eine Tempel-Anlage erkunde ich in der prallen Sonne und weiß nicht, wie ich es geschafft habe ohne Sonnenbrand. So langsam gewöhnt sich meine Haut wohl an die Sonne. Ich laufe durch riesige Säulen und bestaune die eingeritzten Bilder. Manche noch mit original Farbe, andere ohne und trotzdem genauso schön. Immer wieder frage ich mich, wie man so riesige Gebäude bauen kann und das ohne Kran oder andere Hilfsmittel. Nachdem ich alles gesehen habe und mir die Hitze zu schaffen macht gehe ich zurück zum Hostel aber nicht ohne Belohnung. Belohnung, dass ich keinen der nervigen Verkäufer angeschrien oder anders Beleidigt habe. Es gibt Kuchen, zum ersten Mal in meinem Leben Käse- und Red-Velvet-Kuchen.
Den Sonnenuntergang schaue ich mir im zweiten Tempel an und mache dutzende Bilder von der untergehenden Sonne zwischen den Meterhohen Säulen. Schleiche mich zu Touren und höre heimlich den Erklärungen des Guides zu, das ist nämlich ein Problem in Ägypten. Nirgends gibt es gute Beschreibungen von dem was man sieht, da alles darauf ausgelegt ist, einen Guide zu nehmen, den man dann noch einmal extra zahlen muss. Mit einem letzten Blick auf dem Tempel im Dunkeln laufe ich glücklich zurück und genieße mein Ägyptisches Lieblingsessen auf der Dachterrasse.
Wo erkennt man die Touristen sofort? An einem Bahnhof, jedenfalls in einem Ägyptischen Bahnhof. Denn dort ist jeder verloren, der kein Arabisch kann und dazu gehöre ich auch. Doch dafür schaffen die Einheimischen Abhilfe. Sofort kommen mehrere auf mich zu und erklären mir den Weg, bringen mich sogar direkt bis zum Gleis und dafür bin ich dankbar, auch wenn ich weiß, dass sie das nicht umsonst machen. Als der Zug einfährt, bringt mich jemand direkt bis zu meinem Sitz und natürlich macht er diese eine Geste mit der Hand, die ich hier in Ägypten schon so oft gesehen habe: Gib mir Geld. Widerwillig drücke ich einen Schein in seine Hand und setze mich hin.
Die Klimaanlage versagt und mir wird angeboten in den anderen Waggon zu wechseln, erst sage ich nein, weil ich so oder so schon plitsch nass bin und für die paar Minuten eine Klimaanlage auch nicht mehr nötig ist. Am Ende sage ich aber doch zu, denn der gesamte Zug bewegt sich nicht mehr und alle Einheimischen sind schon aus dem Zug, in einen anderen gestiegen. Alle Touristen blicken sich nur verwirrt um und ich bin froh, dass auch ein anderer Deutscher mit mir im Zug ist. Wir tun uns zusammen und versuchen herauszufinden was los ist.
Der Zug ist defekt und wird nicht mehr weiter fahren. Na toll. Erinnert einen ja schon ein bisschen an zu Hause. Grüße an die DB. Einer der Schaffner nimmt sich uns an und erklärt was los ist und bringt uns zum anderen Gleis. Gott sei Dank sind wir im Bahnhof gestrandet und nicht mitten auf der Strecke im Nirgendwo. Der nächste Zug ist nur nicht das was ich gebucht habe. Ich habe die erste Klasse gebucht und was erhalte ich? Einen Zug für die Einheimischen, also so etwas wie dritte Klasse und normalerweise habe ich damit kein Problem aber das ist schon hart. Der Boden ist mit Abfall überhäuft, die Toiletten stinken schlimmer als jede Kloake und eine Klimaanlage gibt es erst Recht nicht. Dafür offene Türen und Fenster.
Unsere Gruppe aus Touristen setzt sich hin und ist das Highlight im Zug. Dann fängt eine Gruppe von Männern an sich zu prügeln. Ich bin mir nicht ganz sicher aber ich glaube es ging um mich. Hätte ich mal nicht mit den paar Worten auf Arabisch, die ich in den letzten Monaten aufgeschnappt habe, angefangen mit einen der Kinder zu reden und somit die Aufmerksamkeit der Männer auf mich gezogen. Es eskaliert und einer der Männer fliegt fast aus der offenen Tür, der Schaffner reagiert schnell und bringt unsere Gruppe in ein anderes Abteil. Gerade als wir sitzen, heißt es wir müssen wieder aufstehen und in ein anderes Abteil, warum weiß ich nicht. Also gehen wir weiter und setzen uns wieder, dann kommt einer der Polizisten im Zug und sagt wieder, dass wir gehen müssen, also gehen wir wieder einen Waggon weiter und sitzen dann nicht mehr im Dreck sondern in der, wohl für Einheimischen, erste Klasse - für uns wohl so etwas wie Holzklasse. Ich beschwere mich nicht, sehe es eher als Abenteuer und irgendwie finde ich es sogar gut das erlebt zu haben. Mehr Einheimische Erfahrungen kann man nicht bekommen.
In Assuan, meiner letzten Station in Ägypten steige ich aus den Zug und werde mal wieder von Taxifahrern belagert. Irgendwie sage ich ja zu einem Preis, der viel zu überteuert ist aber ich will einfach nur noch in das Hostel und raus aus der Hitze. Abends wage ich mich mit einem anderen aus dem Hostel hinaus und bereue es wieder direkt. Abkühlung ist nicht da, denn ein Sandsturm ist aufgezogen, der Himmel voll mit Dreck und der Wind so heiß, wie aus dem Föhn. Wir laufen über den Markt und das zum Sonnenuntergang, weshalb eigentlich nichts los ist und die meisten der Einheimischen in Gruppen zusammen auf dem Boden sitzen und zusammen essen. Wir kämpfen uns zum Hostel zurück, denn weder der Taxifahrer noch wir kennen den Weg und das Navi versagt beim Fahrer. Am Ende steigt einer aus dem Viertel ein und erklärt dem Fahrer den Weg.
Dann gehe ich mit anderen aus dem Hostel den gleichen Weg wieder zurück, denn wir wollen etwas Essen. Warum ich erst zurück gefahren bin weiß ich auch nicht aber egal. Wir entscheiden uns für ein Restaurant auf einer der Inseln im Nil, laufen zum Anlegepunkt der Fähre und fahren für 10 ägyptische Pfund hinüber. Das Restaurant ein Jamaikanisches und das sieht und hört man. Die Deko bunt und in dem typischen Stil der Jamaikaner und die Reggie-Musik dröhnt aus den Boxen. Das Essen richtig gut, nur mal wieder zu wenig. Wie soll man davon satt werden?
Auf dem Rückweg ein Ereignis, was nur selten vorkommt, oder besser gesagt nie. Es fängt an zu regnen. Es sind nur wenige Tropfen und doch ist es Regen. Das zieht sich weiter bis zum nächsten Tag. Zum ersten Mal seit Wochen spüre ich Regentropfen auf meiner Haut und so sehr ich mich über die Abkühlung freue, desto schneller bin ich vom Regen genervt. Es ist dann doch etwas nervig durch den Schlamm zu schlendern, kommt halt davon, wenn die Straßen nur aus Sand bestehen. Typisch deutsch halt, man kann einem nie etwas Recht machen. Vor dem Regen flüchten wir in eine Schule und erhalten eine kleine Arabisch-Stunde, das Alphabet und die Zahlen von eins bis zehn. Leider habe ich nichts davon verstanden oder erst recht behalten. Weiter geht es durch das Dorf der Nubian, eine eigene Kultur in Assuan, mit eigener Sprache. Von dort fahren wir weiter zu einer Anlage oben auf dem Berg, mit Katakomben und einer unglaublichen Aussicht. Ich bin nur froh, dass ich den Aufstieg auf dem Berg geschafft habe, ohne mir dabei beide Knöchel zu brechen, es ist ziemlich schwierig, wenn der Boden aus nassen Sand und Steinen besteht.
Im dunkeln geht es um vier Uhr morgens zu einem Ausflug. Vier Stunden sitzen wir im Bus und erreichen schlussendlich Abu Simbel, ein Tempel, der von der UNESCO gerettet wurde. Da er kurz davor war von dem Nil geflutet zu werden, wurde er in einem riesigen Projekt mehrere Meter weiter hoch in den Berg verlegt. Es ist beeindruckend und doch bin ich enttäuscht, da man nur so wenig Zeit hat, die beiden Tempel anzugucken und dafür dann acht Stunden im Bus sitzt und auch noch richtig viel Geld zahlen muss. Doch aufregen tue ich mich nicht, anderes hätte ich diesen Tempel nicht gesehen und dafür bin ich dankbar.
Ein paar andere aus dem Hostel und ich entschließen uns dazu noch einen weiteren Tempel anzusehen, der am Tag zuvor wegen dem Regen geschlossen war. Wenn es so selten regnet, wissen die Leute halt nicht wie man dann Boot fährt, wie in Deutschland beim ersten Anzeichen vom Schnee... Am Anlegesteg verhandeln wir mit den Leuten und einigen uns auf 400 EGP anstatt ursprüngliche 700 EGP. Dankbar, dass ich mich der Truppe angeschlossen habe, sitze ich in dem wackligen Boot. Ohne die Gruppe hätte ich ein Boot für mich alleine kaufen müssen und das ist dann doch echt Teuer, so habe ich nur 80 EGP gezahlt.
Der Tempel liegt auf einer Insel im Nil und der Anblick ist super schön. Wie er oben auf der Insel empor ragt und wie man von dort das von der Sonne glitzernde Wasser sehen kann. Einfach unvorstellbar. Genauso wieder die Erbauung und die Inschriften. Mehr als Menschengroß zieren sie die Wände und sind so detailreich. Selbst nach 19 Tagen wird mir das nicht zu viel.
Den restlichen Tag, sowie den nächsten verbringe ich entspannt und im Hostel, wo ich Serien schaue und Lese. Mit ein bisschen Panik, da es bald zum nächsten Land weiter geht und ich wieder umsteigen muss. Froh darüber, dass ein Pärchen aus dem Hostel, den gleichen Flug hat wie ich und ich deshalb nicht alleine vom Hostel zum Flughafen muss.