Pause · Bergdorf · Autsch
Die Überfahrt ist anstrengend, das Wasser aufbrausend, die Fähre schaukelt. Mein Magen bleibt ruhig, dieses Mal habe ich ausgiebig gefrühstückt, habe sogar Essen mitgenommen und Trinken habe ich auch. Glücklich, dass alles in meinem Magen bleibt, gehe ich von der Fähre.
Dieses Mal ist es noch hell und ich bin froh darüber, denn ich lande in einer Großstadt. Hier gibt es sogar Straßenbahnen. Das kenne ich nicht einmal aus meiner Heimatstadt. Kleinstadtkind lässt grüßen. Ich bin vom Hafen verwirrt, finde den Ausgang nicht, Google Maps zeigt mir einen Umweg aber ohne den bin ich aufgeschmissen, also folge ich dem blauen Punkt zur Bushaltestelle. Froh das es funktioniert.
An der Bushaltestelle warte ich und warte, der Bus hat Verspätung, habe ich so auf den Inseln noch nicht gehabt aber hier ist es anders, hier ist eine Großstadt. Ich winke dem Bus und er fährt an mir vorbei. Hält an der oberen Station, ich renne mit vollem Gepäck den Weg nach oben, mal wieder ist es steil. Im Bus, der Busfahrer ist genervt, er versteht mich und mein Spanisch nicht. Hier kann man wohl nicht die Redewendung: Spreche ich Spanisch, oder was? anwenden. Ich tue es nicht. Ich zeige ihm den Ort auf meinem Handy und er sagt mir den Preis. Ich zahle mit Karte und setze mich.
Der Bus wird immer voller, wir fahren mitten in den Wohngebieten her und die Schule hat wohl geendet, denn es sind alles Kinder hier. An meiner Station wird es leerer. Dank Google Maps, weiß ich wann ich an meiner Station angekommen bin. Ich steige aus, drehe mich um und stehe vor dem Hostel, einfacher geht es nicht.
Ich checke ein und setze mich auf die Dachterrasse und unterhalte mich mit einen Chinesen (? Sorry, habe die Nationalität vergessen. Auf jeden Fall Asiate!) Wir kommen gut ins Gespräch, unterhalten und verstehen uns super. Er lädt mich zum Abendessen ein, ich bin noch am überlegen, ich habe noch Nudeln übrig, die ich gerne Essen würde. Wir verabschieden uns und ich laufe los, etwas die Stadt erkunden und zum Aussichtspunkt.
Die Höhe, das Reisen und die ungewöhnliche Kälte schaffen mich. Ich halte nicht mehr durch und bleibe einen Tag im Bett liegen. Ein Grund, der andere der Asiate vom Vortag. Eigentlich wollten wir ein Auto mieten und damit die Insel erkunden aber er hat seine Brille verloren und kann so nichts sehen. Also recherchiere ich was ich so machen kann und... verzweifle. Ich würde gerne zum Teide, einer der höchsten Berge in ganz Spanien aber die Touren starten nur von Hotels aus. Von Hotels im Süden. Ich bin im Norden. Genervt und angepisst lasse ich es sein, vielleicht komme ich später noch einmal dahin. Aus Frust buche ich eine Free-Walking-Tour und gehe Einkaufen. Beim essen lerne ich ein Mädchen aus Michigan, USA kennen, wir unterhalten uns gut, spielen Dart auf einer Weltkarte und verlieren beide. Wir haben Spaß und dann geht es ins Bett.
Am nächsten Tag stehe ich pünktlich auf, Frühstücke gut und mache mich auf dem Weg zum Ort der Tour. Ich bin deutsch und somit pünktlich. Wie angegeben zehn Minuten eher da, sogar ganze 30 Minuten eher. Ich sehe keinen Guide, egal wo ich sehe niemanden und eine Beschreibung, wie der Mann aussieht habe ich auch nicht. Keiner kann mir helfen, weder die Taxifahrer noch andere Einheimische. Am Ende ist es halb 12 und somit wäre die Tour schon eine halbe Stunde am Laufen. Ich verzweifle immer mehr und ja, mir stehen die Tränen in den Augen. Es heißt, dass wenn man nicht zur Tour kommt, einen 5€ abgezogen werden und das nervt, denn ich bin ja da. Sogar viel eher als gewünscht. Am Ende frage ich einen anderen Guide aber er kann mir auch nicht helfen, bietet mir aber an bei ihm mit zugehen, immerhin ist die Tour auch kostenlos. Ich sage Ja, sonst würde ich schon wieder nichts machen und ich habe schon ein schlechtes Gewissen, weil ich den Tag zuvor nur im Bett verbracht habe.
Die Tour geht über die Häuser der Altstadt und ist okay, nicht das was mich so interessiert aber die Häuser sind schön anzusehen. Informationen über kostenlose Museen und andere Sachen gibt es auch und das Trinkgeld lehnt Er ab. Also habe ich nicht doppelt gezahlt, wenn mir die 5€ von der ursprünglichen Tour abgezogen werden. Wenigstens etwas.
Der halbe Tag ist um, ich begebe mich in den Norden der Insel, zum angeblich schönsten Strand der Insel. Bestätigen kann ich es nicht, denn ich Ende am Nachbarstrand. Die Busfahrt ist schon einmal super und ich komme aus den Staunen nicht mehr raus. Die Straße führt durch die Berge, hohe Berge, grüne Berge. Enge und sehr kurvige Straßen. Ich erschrecke mich, weil der Busfahrer hupt, wenn er um die Kurve fährt, um die, auf der anderen Seite der Kurve, zu warnen.
An der Endstation laufe ich den Weg entlang und komme an einer Absperrung an. Der Weg zum Strand ist gesperrt, der andere Weg führt komplett außen rum. Ich ergebe mich und drehe um, dann zwei Deutsche, die sagen, dass man da trotzdem herkann, die Einheimischen laufen da auch immer her und zehn andere auch. Also drehe ich wieder um, klettere über das erste Geländer und dann wieder eine Absperrung. Ich ergebe mich wieder und dann kommen wieder zwei Leute vorbei. Und wie es nicht anders soll, eine Deutsche und das sogar aus Münster. Also echt! Wie kann man eine Weltreise machen und immer nur deutsche treffen und dann auch noch welche aus meiner Gegend? Mit dem Mädchen und ihrer Begleitung wage ich den Weg, klettere über die Absperrung, wage mich dem Abgrund entgegen und rutsche aus.
Mein Knie rutscht über den Schotter. Gut, dass ich meine Jeans trage und nicht die kurze Hose. Es ist auch kein Loch in der Hose, nur Blut. Erstmal Mama fragen, geht Blut aus der Kleidung raus? Knie kann ich noch bewegen, mein Knöchel auch und dann wird der Weg weitergeführt. Jetzt erst Recht!
Ich schließe mich den beiden anderen an, setze mich am Strand zu ihnen und genieße zum ersten Mal im Leben schwarzen Sand. Sand der glitzert! Wie cool. Obwohl ich auch etwas enttäuscht bin. Im Internet sehen die Bilder beeindruckender aus. Aber das ist ja immer so im Internet.
Ich könnte die Straße entlang laufen zum Strand an dem ich eigentlich möchte, lasse es aber sein. Ich bleibe bei meiner Bekanntschaft und der Weg hat so schon genug Spuren hinterlassen. Der Strand ist auch schön. Am Abend, wenn die Sonne weg ist gehen wir wieder hoch, meine Bekannte zum Hostel, ich zur Busstation. Dieses Mal wählen wir aber den einfachen Weg, an der Straße entlang und nicht den abgesperrten Weg. Mehrmals muss ich meine Bekannte von der Straße ziehen, es fahren immer wieder Autos vorbei, zwar nicht so viele wie am Mittag aber trotzdem. Ich kann es verstehen, dass sie immer wieder auf die Straße geht, der Ausblick lädt wirklich zum Ablenken ein. Nicht nur einmal bleiben wir stehen um Fotos zu machen. So warte ich auch gerne 40 Minuten auf den Bus.
Die Rückfahrt noch beeindruckender. Die enge Straße bei Sonnenuntergang, die Berge sehen aus, als würden sie in Flammen stehen, denn der Himmel ist rot gefärbt. Einfach Traumhaft und so ist das kaputte Knie vergessen.
Bis zum nächsten Tag, denn der Sturz hat mehr verursacht als angenommen. Der Oberschenkel zieht und das Loch im Knie ist echt ekelig. Gut, blaue Flecken kenne ich nur zu genüge und hey, ich lebe noch. Es hätte viel schlimmer kommen können, wie zum Beispiel einer anderen aus dem Hostel passiert ist, sie hat sich das Sprunggelenk gebrochen. Also Anna, Mund zu und klappe halten.
Am nächsten Tag wird umgezogen. Es ist anstrengender als gedacht. Die Straßen sind so steil, dass ich keine Ahnung habe, wie hier Autos hochkommen. Mein Handy bekommt eine Schräglage, als ich versuche die Häuser zu fotografieren. Mein Atem lässt mich im Stich und meine Beine auch, aber ich muss weiter, also Arschbacken zusammenkneifen und los. Runter ist einfacher als hoch, wenn das Hostel nur nicht am höchsten Punkt wäre... So langsam verstehe ich warum die Busstationen so nah beieinander liegen, die Strecke würde ich auch nicht jeden Tag laufen wollen.
Den kleinen Ausflug nach Puerto de la Cruz nehme ich zum verschnaufen, hier sind die Straßen ebenerdig, nur leider voll mit Touristen und großen Hotelketten. Dafür der Weg wieder ein Highlight, ich mag Berge und die Aussicht von ihnen einfach.
Deshalb begebe ich mich am nächsten Tag auch nach Masca. Ein Dorf mitten in den Bergen, also wirklich mitten drinn. Es erinnert ein bisschen an Machu Picchu, naja nicht so ganz aber egal. Problem: Es liegt in den Bergen und die Straßen sind noch enger und viel befahrener, denn der Ort ist ein Ort für Touristen. Die Wege sind vollgestopft mit Autos. Und so komme ich nach einer Stunde bei dem Umsteigepunkt an und dann das: Der Bus ist klein und voll. Der Busfahrer lässt nur noch eine Person herein und das bin leider nicht ich. Niedergeschlagen stehe ich da, bin ich jetzt umsonst hierher gefahren? Ja. Obwohl, Nein. Denn ich schließe mich zwei Pärchen an, die auch nicht mit in dem Bus gekommen sind. Zusammen holen wir uns ein Taxi und fahren hoch.
Ich schlendere durch das Dorf, hoffe die steilen Straßen nicht herunterzufallen und schaffe es auch. Dann entscheide ich mich wieder nach einer Stunde - vielleicht auch zwei - zu gehen, nicht dass ich wieder nicht in den Bus komme. Nur habe ich keine Ahnung wo die Busstation ist, ich bin ja mit Taxi hochgefahren. Laut Google Maps ist sie Meter weit entfernt, nur ist da kein Schild oder kein Häuschen. Ich entscheide mich dazu am Häuschen zu warten und schließe mich den anderen wartenden an. Es gibt nur den einen Weg, der Bus muss also hierherkommen. So ist es dann auch. Und er ist leer, ich komme hinein und somit auch wieder heim. Es passt sogar perfekt an der Endstation, um den Anschlussbus zu bekommen. Es läuft.
Am nächsten Tag, schon wieder ein Umzug. Da ich aber erst um 16 Uhr im neuen Hostel einchecken kann, entscheide ich mich dazu den Drachenbaum in der Stadt zu besuchen. Er ist über 1.000 Jahre alt und 20 Meter hoch. Leider ist der Park am anderen Ende der Stadt, wenigstens gehen die Straßen bergab. Nur blöd, dass ich den ganzen Weg auch wieder zurück muss...
Völlig aus der Puste schleppe ich mich die Wege nach oben, wünsche mir dabei, dass ein Auto anhält und mich mitnimmt aber leider bleibt der Wunsch ein Wunsch und nicht die Wirklichkeit. Die Stufen der Treppe werden auch noch irgendwie bezwungen, dann exe ich meine Trinkflasche und gönne mir einen Schokoriegel. Die restlichen Stunden verbringe ich auf der Dachterrasse.
Die Busstation ist direkt vor der Tür, ich warte und winke dem Bus aber er fährt an mir vorbei. Ich fluche und dann bleibt mir nichts anderes übrig, um die 20 Minuten voll gepackt den Weg zur Busstation zu laufen. Dem Schicksal ergeben mache ich mich auf dem Weg, wieder froh, dass es bergab geht.
Der nächste Ort: im Süden, hier ist es warm und Touristisch, ich bin mitten in einer Ferien-/Hotelanlage aber mein Zimmer ist ein Einzelzimmer. Ich gönne mir etwas in den letzten Tagen in Europa. Und das ist nicht nur ein Einzelzimmer sondern auch Ruhe. Anstatt was zu machen, mache ich nichts außer am Strand zu sitzen und etwas zu schreiben. Mein Buch hängt hinterher.
Am Morgen fahre ich zum Flughafen. Ich bin mal wieder überpünktlich und gönne mir eine Folge von meiner Serie. Dann schaue ich auf die Anzeigetafel und sehe das: Gehen Sie zum Gate. Panik steigt in mir auf. Bin ich zu spät? Ich habe doch noch eine Stunde? Ich laufe einen Schritt schneller und dann stehe ich vor der Passkontrolle. Natürlich, ich verlasse Europa...
Ich stehe leider in der falschen Schlange, anstatt den schnellen und einfachen Weg für Europäer zu gehen, muss ich in der Schlange für alle Pässe stehen. Es geht kaum voran und die Panik steigt immer mehr in mir auf. Alle zwei Minuten schaue ich auf die Uhr, nicht dass das Gate vor mir schließt. Dann bin ich endlich durch und direkt am Gate. Ich stelle mich an und dann ist der Einlass. Ich komme durch, mein Gepäck auch, niemand beanstandet etwas.
Im Flugzeug sitze ich am Fenster und fiebere den Start entgegen. Den Start in ein neues Land. Ein Land außerhalb Europa. Andere Kultur, anderes Leben, andere Währung. Ich freue mich und ich habe riesigen Schiss.