Tag 12 bis 17

Eindrücke über Eindrücke · Es wird anstrengend· 12-Bett-Zimmer


Ich öffne meine Augen und sehe dunkle Wolken über der Insel. Na toll, ich komme an und es Regnet. Ich will doch ins Warme und gutes Wetter. Okay, durchatmen, ich komme Abends an, vielleicht ist es morgen schon anders, wer weiß.


Endlich bin ich von der schwankenden Fähre herunter und Gott sei Dank es ist trocken, die Jacke ziehe ich trotzdem an, es ist frisch. Noch besser, Google Maps funktioniert und zeigt mir die Busverbindung an, also los blauer Punkt zeige mir den Weg.


Der Bus, ein normaler Linienbus, gut kenne ich von zu Hause, anders zu den Inseln davor aber kann ich mit Leben. Die Stationen ziehen auf meinem Display vorbei. Vor meiner Station stehe ich auf, quetsche mich mit Rucksäcken durch den vollen Bus, drücke auf Stopp und steige aus. Folge dem blauen Punkt weiter und verlaufe mich. Trotz Navi. Jepp in der Wildnis würde ich nicht einen Tag überleben, na gut einen vielleicht schon...


Das Hostel hat mir ein Bild gesendet, ich weiß also wie die Fassade aussieht und hey ich finde es, auch im Dunkeln. Klingeln, niemand öffnet, also nochmal und dann geht die Tür auf. Gott sei Dank, ich wüsste nicht was ich sonst machen sollte. Die Anmeldung geht einfach, eine Rundführung und ich bin nicht abgeneigt. Es ist sauber und Modern.


Mein Zimmer: Dunkel und voll. 12 Betten in einem Raum, drei übereinander, bitte sag mir dass ich nicht ganz oben schlafe. Juhu mein Bett ist die acht und in der Mitte, damit kann ich leben. Erstmal alles absetzen und gucken ob es in den Spind passt. Handgepäckkoffer passt rein und der kleine Rucksack auch, genau wie meine Elektronik. Super. Mit Vorhängeschloss abschließen und dann los Einkaufen.


Anders als eigentlich vorgesehen, kaufe ich für die ganze Woche ein. Nudeln und Tomatensauce, schnell, lecker und einfach. Joghurt mit Müsli zum Frühstück, ist günstig und etwas zu trinken. Abends wird dann zum ersten Mal "richtig" gekocht auf der Reise, kein Instant, kein Salat, sondern Tortellini. Auch wenn es fertig gemachte sind, ist es trotzdem kein Instant. Ich muss Wasser aufsetzen und kochen. Kein Wasserkocher auffüllen.


Den Magen vollgeschlagen liege ich im Bett, schreibe mit Mama und unterhalte mich mit zwei deutschen, die mit in meinem Zimmer sind, leider reisen sie am nächsten Tag ab. Die Nacht wird gut geschlafen, der Tag zuvor war anstrengend. Morgens mache ich eine Free-Walking-Tour mit, die ich noch am selben Tag gebucht habe. Ich lerne die Altstadt von Las Palmas kennen und lieben. So schöne Gebäude, die historischen Balkone und eine Geschichte. Leider gebe ich zu viel Trinkgeld, weil ich nur noch einen 20-iger habe. Zu viel aber naja, was solls, ohne geht auch nicht, dafür hat der Guide zu viel gemacht (ich sage nur 3D-Animation mit Blender, durch die Arbeit kenne ich das Programm und sage mal so viel: Respekt an den Guide). Viele Tipps später laufe ich durch die Großstadt und verlaufe mich prompt. Ich bin halt doch ein Kleinstadtkind und selbst da kenne ich mich nicht aus.


Den Rest des Tages verbringe ich auf der Dachterrasse, unterhalte mich mit den anderen Gästen und den Volunteers, die hier im Hostel für Unterkunft arbeiten. Dann eine Nachricht in der WhatsApp-Gruppe: "Hat jemand Lust auf Mexikanisch?" Ist kein typisch spanisches Gericht aber ich möchte Kontakt knüpfen, also sage ich Ja.


Wir treffen uns im Hostel, ein super kultureller Mix. Schweden, Dänemark, Österreich, Portugal und Deutschland. Wir laufen los, lernen uns kennen und quatschen die ganze Zeit im Restaurant. Es macht Spaß, so viele Tipps, so viel Wissen was ausgetauscht wird und wir haben Spaß. Die Tacos: Viel zu scharf für mich, in Mexiko werde ich wohl nichts essen...


Danach spontan noch in eine Kneipe mit Live Musik. Leider viel zu warm und das Reisen strengt mich an. Ich bin Müde und verlasse mit der Schwedin vorzeitig die Party. Am nächsten Tag schlafe ich aus, gut geschlafen habe ich nicht. Leider ist jemand im Zimmer, dessen Schnarchen durch meine Ohropax dringt und das Bett zum wackeln bringt. Jeder im Zimmer kann nicht schlafen, bis auf den einen.


Am morgen fahre ich nach Arucas, eine kleine Stadt die noch Traditionell ist. Ein schöner Anblick auch die Gebäude schön. Leider das Wetter nicht, so hoch in den Bergen, wechselt das Wetter minütlich und ich habe kurze Hose an. Zu kalt für mich und dann der Regen. Aufhalten tue ich mich in einer Art Museum, wo es in der Ausstellung, um ein Konzentrationslager geht und den Häftlingen die von den Kanaren kommen. Interessant und gruselig zu was Menschen im Stande sind.


Weiter geht es nach Teror, genauso eine kleine Stadt, nur mitten auf dem Berg und das Wetter hier? Nicht besser. Egal, ich habe teuer für die Busfahrt gezahlt, also los, den Regen in den kleinen Geschäften abwartend.


Verrückt wie die Menschen hier auf die Idee kommen, die Häuser mitten auf dem Berg zu bauen. Keine Ahnung wie man dort überhaupt bauen kann aber die Häuser stehen. Für mich ein Wunder. Mehrere Fotoshootings später begebe ich mich zurück zum Bus. Es ist zu kalt und die Straßen sind zu steil. Was mich dazu bringt: Wie zur verdammten Hölle schaffen es hier Busse zu fahren?


Die Straßen eng, kurvig und steil. Ich würde nicht einmal mit einem Auto da herfahren und die machen es mit Bussen und dann schlängeln sich da noch Autos dran vorbei. Millimeterarbeit, bei mir wäre der Seitenspiegel schon lange ab. Beide. Der Busfahrer aber schafft es, wirklich, Chapeau.


Im Hostel ziehe ich direkt meine Schlafsachen an, die sind lang und dann noch den dicken Pulli. Ich friere. Dann die Nachricht in der WhatsApp-Gruppe, heute ist die Vorstellung der Karnevalstruppen. Große Party mit Laufsteg. Und noch die Eröffnung von einer Roof-Top-Bar. Alle bis auf eine Handvoll, gehen zu den Partys, ich würde auch aber ich bin K.O.


Ich entscheide mich gegen Party und sitze an meinen Recherchen. Neidisch auf die, die sich hier fertig machen, schick anziehen, schminken und dann los. Ich überlege ob ich doch hingehen soll, wann erlebt man schonmal spanischen Karneval, der so anders als der in Deutschland ist? Aber nein, ich bin alleine, alle anderen sind weg und ich will nicht im Dunkeln alleine feiern gehen. Zu gefährlich in einem Ort, wo es von Obdachlosen wimmelt und ich mich nicht auskenne. Ein Touri der offensichtlich ist.


Ein bisschen Bereue ich es, es nicht getan zu haben, besonders bei den Bildern in der Gruppe. Durchatmen, ist halt so und ich werde noch andere Gelegenheiten haben. Anstatt feiern gehen, buche ich mir Flug, Unterkünfte und Fährtickets für meine nächsten Schritte.


Ich fliege nach Marokko, raus aus die EU. Raus aus Europa und rein in die neue Kultur. Okay, okay, erst in einer Woche aber Vorfreude ist die beste Freude und das überragt das Bereuen der verpassten Party. Besonders, wenn die neu geknüpften Kontakte sich so mit einem freuen. Danke an Madeleine.


Trotz verpasster Party gehe ich spät ins Bett, die Recherchen und Buchungen haben lange gedauert. Im Bett schaue ich noch ein paar Folgen meiner Serie und dann fallen mir die Augen zu. Wann die anderen wiederkommen? Ich merke es nicht aber am nächsten morgen stehe ich früh auf und alle andere schlafen tief und fest.


Ich mache mich auf dem Weg nach Puerto de Mogan, eine Hafenstadt von der ich gehört habe, dass sie sich lohnt. Der Weg dahin führt mich in die Tiefen der Busstation. Verdammt, wie kann man unterirdisch 30 Bussteige haben und zusätzlich noch oberirdisch? Ich bin verwirrt. Brauche ich ein Ticket vorher? Immerhin stehen alle am Ticketschalter aber die letzten Male habe ich die Tickets auch direkt im Bus gekauft. Ich frage jemanden, der sagt mir direkt beim Busfahrer, also gut, danke.


Ich sitze am Bussteig der auf der digitalen Anzeige steht und es kommt kein Bus. Dann sehe ich wie die Nummer, mit der ich fahren muss, von einem anderen Steig abfährt. Na toll... Also andere Route, anstatt direkt dann mit umsteigen. So schwer ist das nicht und wie ich erfahren habe, kann man hier auch mit Karte im Bus zahlen, gut, denn mein Kleingeld geht zu Grunde.


Die Fahrt führt an der Küste entlang, überall Hotels neben Hotels, bis hoch in die Berge. Abschreckend und hässlich. Massentourismus in seiner feinsten Pracht. Ich merke es auch an den Leuten im Bus, anstatt Einheimische die auf dem Weg zur Arbeit sind, sitzen hier Deutsche, Niederländer und Engländer. Alle in kurzer Hose und Hemd, das Handtuch über der Schulter, jammernd über den vollen Bus. Was ein Wunder in so einer Gegend, sage ich nur. Schüttle den Kopf und schäme mich für meinen Landsleute.


Der Hafen komplett von Touristen überlaufen und genau darauf angelegt. Ein Lokal neben dem anderen, dann noch die typischen Touristenläden, die Krimpskram anbieten, gefälschte Markenware und was weiß ich nicht alles. Ich schlängle mich durch die Massen, vorbei an Straßenkünstlern, die einen Abzocken wollen. Mehrmals überprüfe ich, ob mein Vorhängeschloss am Rucksack auch wirklich zu ist. Die Hand bleibt in der Hosentasche um das Handy zu schützen.


Spaß macht es mir nicht, bis ich diesen einen abgelegenen Ort finde. Abseits der Massen sind nur zwei andere Leute hier. Ein Platz direkt an der Küste, mit einem Blick aufs offene Meer. Ich bleibe hier, setze mich hin und beobachte die Wellen, die unter mir auf die Steine treffen.


Dann geht es weiter zu einem Aussichtspunkt. Nur 50 Meter über den Meeresspiegel und über dutzende von Stufen erreichbar, mitten durch die einheimischen Wohnhäuser. Total genial und anstrengend. Für mich jedenfalls mit Erkältung und keiner Ausdauer. Völlig fertig und am Durchschnaufen erreiche ich den Aussichtspunkt und genieße ihn. Fotos machen und dann sitzen und gucken. An dem Abstieg möchte ich noch nicht denken. Obwohl runter ja einfacher sein soll als hoch. So ist es auch.


Schnell zum Bus, dort sitze ich auch wieder am Bussteig wie angegeben und wieder kommt kein Bus. Dieses Mal aber sehe ich die Nummer vom Bus bevor er vor meiner Nase wegfährt. Ich steige ein und fahre die eineinhalb Stunden mit Blick nach draußen und auf mein Display, nicht das ich meine Haltestelle verpasse.


Abends geht es weiter. Ich muss meine Unterkunft in Teneriffa buchen. Also Stunden über Stunden wird recherchiert, verglichen und probiert. Am Ende werden es drei unterschiedliche Unterkünfte für eine Woche. Teuer, verdammt teuer aber anders geht es nicht. Nichts ist über fünf Tage frei und ich möchte in der Nähe des Flughafens sein.


Also dann aufteilen, nicht ohne vorher zu verzweifeln und kurz vor dem Aufgeben zu stehen. Dann ist alles gebucht, das abgezogene Geld tut weh aber anders geht es nicht. Dafür habe ich gespart, dafür wird dann halt auf ein paar andere Sachen verzichtet.


Essen wird günstig bei ToGoodToGo bestellt und abgeholt. Super so viele Sachen für drei Euro anstatt 12. Die Nudeln kann ich dann mitnehmen zum neuen Hostel. Bis spät in die Nacht wird weiter geguckt. Dann stehen alle Unterkünfte. Sogar mit Frühstück, dann kann ich wenigstens da schon einmal sparen.


Im Zimmer dann die Überraschung, alle anderen Zimmernachbarn sind weg. Die Party war wohl zu hart. Dafür kommen dann aber neue. Eine Gruppe, egal, so lange niemand von ihnen so laut schnarcht, ist mir jeder Willkommen. Und es klappt, kein Schnarchen. Dann die Überlegung, was mache ich heute? Eigentlich möchte ich gerne zu einem Aussichtspunkt im Nationalpark aber ohne Auto mal wieder nicht möglich und Wandern? Keine Lust.


Ich entscheide mich für einen Besuch in einem Botanischen Garten. Einfach langsam durch Fauna und Flora schlendern, nichts groß Anstrengendes. Wie falsch ich liege...


Der Botanische Garten ist teilweise mitten in den Bergen. Wenige Zentimeter breite Wege, wo es an der anderen Seite steil bergab geht. Selbst am Anfang steht ein Warnschild, dass man hier auf eigene Gefahr läuft und die Wege mehr als gefährlich sind. Schluck. Gut, dass ich meine Trekkingschuhe anhabe. Ich kämpfe mich durch die Wildnis, die Treppen entlang und falle nicht herunter. Unten atme ich durch, endlich ebener Boden. So wie gedacht, schlendere ich durch die Gegend und bin erstaunt, dass Kakteen zu Bäumen werden und richtige hölzerne Stämme bekommen können.


Dann der Blick nach oben. Fuck, ich muss da wieder hoch. Ich könnte auch den anderen Ausgang nehmen aber da weiß ich nicht wo die Bushaltestelle ist. Auf dem Weg nach unten habe ich mich schon hundertfach verlaufen, genauso wie bei dem Weg nach oben. Irgendwie schaffe ich es und bin stolz auf mich. So lange hat das Verlaufen nicht gedauert und ich habe überlebt.


Das Wetter spielt nicht mit, genauso wenig wie meine Erkältung und deshalb lasse ich die Wanderung aus und fahre zurück zum Hostel. Wenn denn der Bus kommen würde, normalerweise sind die hier überaus pünktlich. Heute nicht. Der eine Bus der hält nimmt uns nicht mit. Verzweifelt stehe ich am Wegrand, wenn der nächste nicht kommt, muss ich über drei Stunden auf den nächsten Warten. Selbst die Einheimischen sind verwundert, rufen sich schon fast ein Taxi.


Dann endlich kommt der Bus und nimmt mich mit. Den Ausstieg verpasse ich aber der nächste ist nicht viel weiter und dann zurück im Hostel, genehmige ich mir die süßen Schleckereien, die ich vor dem Wegschmiss gerettet habe und schreibe diese Worte. Ich muss noch packen aber irgendwie habe ich da keine Lust drauf, mal gucken ob es noch was wird.

Der Rucksack wird auf kleinsten Raum in dunkeln gepackt, ich will die anderen nicht zu sehr stören. Gut, dass die meisten noch auf dem Dach sind und dort den Abend verbringen. Dann geht es früh ins Bett, naja, ich liege im Bett und ein Kapitel nach dem anderen wird gelesen, zum ersten Mal auf der Reise.

Dann die Ohropax in die Ohren und Augen zu. Es geht früh raus. Wie jedes Mal, wenn ich das Hostel verlasse, schlafe ich nicht gut, schon vor dem Wecker bin ich wach. Lange vorher. Das Frühstück wird mit mulmigen Gefühl gegessen, gleich geht es wieder auf die Fähre. Lust drauf habe ich nicht.